Das gelobte Land des Schwergewicht-Boxens wurde in den letzten fünf Jahren hauptsächlich von drei Namen dominiert – Tyson Fury, Deontay Wilder und Anthony Joshua. Alle drei haben ihre eigenen Vorzüge und jeder hat seine leidenschaftlichen Fans, die fest davon überzeugt sind, dass ihr Mann der Größte seiner Zeit ist.
Wie auch ihre Vorgänger im Schwergewicht, konnten sie sich früh beweisen und haben schon in ihrer jungen Karriere beeindruckende Momente im Ring geliefert.
Im kommenden Winter werden die Box-Fans jedoch einen Grund haben, die Diskussionen um den besten Fighter wieder aufleben zu lassen.
Ring frei für Fury vs. Wilder
Zu Beginn der Box-Saison 2018/19 hält Joshua drei Titel (WBA, IBF und WBO), während die WBC nur Deontay Wilder als Champion führt. Obwohl Tyson Fury bis heute ohne Gürtel ist, bringt ihn sein beispielloser Aufstieg in die gleiche Riege wie die von Wilder und Joshua.
Zusammen weisen die drei eine Kampfstatistik von 88 Siegen bei null Niederlagen und null Unentschieden auf. Abgesehen von den Gürteln gibt es nur wenig, was sie unterscheidet. Im Winter 2018 werden Deontay Wilder oder Tyson Fury ihren ungeschlagenen Status jedoch verlieren.
Der Kampf steht auf Augenhöhe mit dem legendären Pay-Per-View Fight zwischen Floyd Mayweather Jr. und Ricky Hatton in 2007 und das Ergebnis wird einen großen Einfluss auf die Schwergewichtsklasse haben. Eine Niederlage für Wilder ist in den Boxwetten momentan lediglich mit einer Quote von 1,10 ausgezeichnet und würde für den Boxer mehr als nur einen verlorenen Kampf bedeuten.
Es wäre zudem der Verlust auf die Chance, Floyd Mayweathers 50-0 Rekord zu brechen und würde zudem die Luft aus dem heißersehnten Fight gegen Joshua nehmen.
Tyson Fury ist allerdings dann am stärksten, wenn er nichts zu verlieren hat. Sein früher Ruhm schien ihm zu Kopf gestiegen, aber mit einer offenbar veränderten Einstellung könnte sein Erfolgshunger nun größer sein als jemals zuvor.
An dieser Stelle versprach der Mann aus Wythenshawe nichts anderes als einen „epischen Kampf“. Sollten die Leistungen beider Kämpfer den Einschätzungen der Buchmacher entsprechen, wird eine ultimativer Titelkampf zwischen Joshua und Wilder im April 2019 erwartet.
Wilder: "I want a body on my record. I want one, I really do."
— 888sport (@888sport) 2. April 2018
What an absolute idiot. pic.twitter.com/0UNRryzXvn
Sollte dieses Maßstäbe setzende Duell zwischen den ungeschlagenen Giganten nach dem Event Fury vs. Wilder Realität werden, bekommt eine alte Box-Weisheit seine Gültigkeit – Der Kampf wird gewonnen oder verloren, lang bevor die Boxer ihre Handschuhe schnüren und kämpfen.
Die ersten zehn Kämpfe
Chronologisch gesehen beginnt der Weg zum Sieg schon bei der Geburt des Kämpfers in spe. Die ausnahmslos herausfordernden Umstände in denen man aufwächst, die Art wie man ausgebildet wird, um das meiste aus Kampfinstinkt und den verfügbaren Ressourcen zu machen, und die ersten Gegner in der professionellen Szene sind entscheidende Faktoren im Schicksal eines Kämpfers.
Sowohl Wilder als auch Fury wurden 2008 zu Profis, was ihnen fünf Jahre Vorsprung auf Joshua gibt. Alle drei erreichten den für Profis typischen 10-0 Lauf gegen leichtere Gegner.
Joshua hat hingegen eine Art Vorteil, denn er hat es geschafft, innerhalb von nur neun Kämpfen mit dem WBC International Schwergewichtstitel einen von der International Boxing Organisation anerkannten Gürtel zu gewinnen.
Der Durchbruch in den Staaten
Nach den ersten Schritten zum Ruhm ist der typische Weg des Schwergewichtsweltmeister weniger klar. Abhängig von den Stärken des Gegners kann ein Kampf auf fremden Terrain ermutigend oder ernüchternd sein, die internationale Bühne stellt jedoch in jedem Fall den nächsten Schritt in der Karriere eines Boxers dar.
Das gilt insbesondere für nicht aus den USA stammende Kämpfer, die dort gewinnen. Bemerkenswerterweise haben bis April 2019 alle Profi-Kämpfe von Joshua auf britischen Boden stattgefunden.
Dies gilt auch für den Kampf gegen Povetkin in Wembley, bei dem er mit 1,10 der Favorit ist. Auch wenn es seinen Fähigkeiten nicht gerecht werden würde, zu behaupten, dass er abseits von Großbritannien keine Killer-Instinkte hätte, könnte sein Mangel an Präsenz in den Vereinigten Staaten ein echtes Hindernis auf dem Weg zum besten britischen Talent aller Zeiten zu werden.
Im Vergleich dazu brauchte der andere Brite Tyson Fury nur 13 Kämpfe, um es auf die andere Seite des Atlantiks zu schaffen, als er Zack Page vor acht Jahren einstimmig in Quebec City besiegte. Sein erstes Match in den USA gegen den Amerikaner Steve Cunningham war ein Wendepunkt für Fury.
Nach dem Knock-Out Sieg in der siebten Runde war er nur noch zwei Kämpfe von einem internationalen Titelfight entfernt – und zwar dem des WBO International Schwergewichtstitels. Zwei weitere Kämpfe später holte Fury seinen vierten Gürtel auf Kosten von Wladimir Klitschko.
Entscheidende Kämpfe und das Problem der Defensive
In der professionellen Laufbahn eines jeden Kämpfers gibt es immer einen entscheidenden Kampf. Für Muhammad Ali war es 1964 der Knockout gegen den weltweit gefürchteten Jonny Liston, für Mike Tyson war es zwei Jahrzehnte später der Rekord Knockout gegen Trevor Berbick.
Während Fury gegen Wilder sicherlich ein entscheidender Kampf werden wird, haben alle drei - Fury, Wilder und Joshua - bereits einen solch monumentalen Kampf bestritten. Allerdings scheiden sich die Geister, welcher von ihnen der härteste war.
Bei Fury war der Kampf diesen Ausmaßes eindeutig der bereits erwähnte Sieg über Klitschko im November 2015. Knapp 18 Monate später schlug Joshua denselben Gegner und schaffte was Fury nicht vollbringen konnte, indem er den Ukrainer in der elften Runde stoppte und somit WBA Super Titel und den IBO-Gürtel vereinigen konnte.
Während dies auf dem Papier eine beeindruckende Leistung ist, sind 18 Monate eine lange Zeit für einen Boxer wie Klitschko, der am Ende seiner professionellen Laufbahn stand. Obwohl es nicht wirklich zur Debatte beiträgt, welcher Brite die größere Herausforderung hatte, waren die folgenden Kämpfe für Joshua weitaus anspruchsvoller nachdem er zum ersten Mal mehrere Titel in einem einzigen Kampf gewinnen konnte.
Fury kämpfte umgehend gegen den 39-jährigen Sefer Seferi und brauchte nur vier Runden, bis die gegnerische Ecke die Niederlage eingestehen musste. Danach trat gegen Francesco Pianeta aus Italien an, der zwei seiner letzten drei Kämpfe verloren hatte. Währenddessen hat Joshua nach seinem Sieg über Klitschko zwei weitere Erfolge gegen wesentlich stärke Gegner, Carlos Takam und Jospeh Parker, gefeiert.
Unentschieden
Während sich also sagen lässt, dass Joshuas Duelle anspruchsvoller waren als die von Fury, ist sich die Öffentlichkeit immer noch nicht sicher, ob Joshua im vergangenen Jahr auch härter gearbeitet hat als Wilder.
So sind es Wilders Fähigkeiten, seine Gegner gewöhnlich aussehen zu lassen, nachdem er im Januar 2015 den WBC-Schwergewichts-Titel gegen Bermane Stiverne gewonnen hat. Ironischerweise zeigte er seine beste Leistung in der größten Bedrohung auf seine Titelverteidigung und sorgte dafür, dass das Stiverne-Rematch nicht über die erste Runde hinaus ging.
In seinem jüngsten Kampf musste Wilder bis zur zehnten Runde warten, ehe er den bis dahin ungeschlagenen Luis Ortiz stoppen konnte, was Zweifel an Wilder's Rennen für die legendäre 50-0 Serie aufkommen lässt.
Letztlich war Joshuas Weg von allen der schwierigste. Wilders 40-0 Statistik ist eine Geschichte für sich, doch einen internationalen Titel innerhalb seiner ersten zehn Profikämpfe zu erreichen, ist heutzutage eine absolute Seltenheit.
Joshuas kometenhafter Aufstieg vom Olympiasieger zum internationalen Weltmeister sollte dafür reichen ihn zumindest für den Moment an die Spitze der aktuellen „Big Three“ im Schwergewichts-Boxen zu setzen.
Dabei sollte man festhalten, dass man nicht nur im Ring, sondern auch mit sich selbst kämpfen muss, um wirklich erfolgreich zu sein. Und genau deshalb kann man auch denjenigen, die Fury an der Spitze der Schwergewichtswelt sehen, nicht den Wind aus den Segeln nehmen.