Den Start der Vorbereitung hat man sich in Dortmund sicherlich etwas anders vorgestellt. Bei der 3:2-Testspiel-Niederlage gegen Regionalligist RW Essen bekleckerte sich die Mannschaft nicht gerade mit Ruhm. Obwohl schon einige Elemente der Spielphilosophie des neuen Trainers erkennbar waren, schienen die BVB-Spieler noch überfordert mit der neuen Ausrichtung und liefen in einige Konter der Essener. Bosz, der die Nachfolge des in Ungnade gefallenen Thomas Tuchel antritt, nahm das aber gelassen. „Das kann nicht nach drei Tagen schon klappen. Wir werden da weiter hart dran arbeiten“, erklärte der 53-Jährige nüchtern nach der Partie.

Bereits vier Tage später waren schon einige Fortschritte erkennbar. Der BVB feierte einen 3:2-Sieg gegen die Urawa Red Diamonds und die Spieler zeigten sich in vielerlei Hinsicht stark verbessert. Beim Test auf der Japan-Reise des Clubs wurde schon sehr viel deutlicher, was Peter Bosz von seiner Mannschaft erwartet. Ballbesitz, schnelles Kurzpassspiel und das 4-3-3 als Grundausrichtung waren auch gegen Essen schon als Elemente von Bosz‘ Spiel zu erahnen. Gegen die Japaner schien es aber so, als hätte das Team im Lernprozess bereits einen großen Schritt nach vorne gemacht. Nun klappte auch das aggressive Gegenpressing schon wesentlich besser und einige Bälle konnten tief in des Gegners Hälfte zurückerobert werden. Insbesondere Marc Bartra zeigte, was der Niederländer auch von seinen Innenverteidigern erwartet. Immer wieder stieß der technisch versierte Spanier mit dem Ball bis über die Mittellinie und gab den Offensivkräften im Aufbauspiel so mehr Zeit freie Räume zu finden sowie eine weitere Anspielstation. Allerdings ergaben sich durch das hohe Aufrücken der Dortmunder noch zu viele Möglichkeiten für Urawa.

Die Entwicklung, die bei den Schwarzgelben aktuell zu beobachten ist, spiegelt auch wieder, was Jordi Cruyff erst kürzlich in einem Interview über Bosz sagte, den er vor eineinhalb Jahren als Trainer zu Maccabi Tel Aviv holte: „Er will Fußball auf Top-Niveau spielen, und er ist ein Taktik-Fuchs. Er mag keine langen Bälle, sondern er liebt das schnelle, kurze Spiel. Er will, dass es vorangeht und ist geil auf Tore. Er mag es, wenn im Spiel alles zusammenpasst, die Mannschaft Druck ausübt und bei Ballverlust die Kugel umgehend wieder zurückgewinnt: Er liebt den dominanten Fußball.“

Diese Spielphilosophie, die zu großen Teilen Jordis Vater und Bosz‘ großes Vorbild Johan Cruyff begründet hat, begleitet ihn schon seine gesamte Trainerkarriere. Selbst bei einem Mittelklasse-Team wie Vitesse Arnheim ließ er seine Spieler Ballbesitzfußball spielen. Er will dem Gegner stets das eigene Spiel aufzwingen und sich selbst nicht in die Verteidigung drängen lassen. War diese Spielweise immer von Erfolg gekrönt? Keinesfalls, zwar stand Vitesse auf einem beachtlichen fünften Tabellenplatz, als er Arnheim im Januar 2016 in Richtung Tel Aviv verließ, jedoch erntete Bosz in dieser Zeit auch einiges an Kritik. Sein Team spielte höchst ansehnlichen Fußball, gehörte zu den Teams mit den höchsten Ballbesitzwerten und den meisten Abschlüssen pro Spiel. Trotzdem wurden Siege immer wieder in den Schlussminuten verspielt, da man trotz Führung nicht von der offensiven Ausrichtung abrückte oder grotesk viele Torchancen liegen ließ. Dem war es auch geschuldet, dass Vitesse in der Tabelle nicht noch weiter oben stand, denn das Potenzial war zweifelsohne vorhanden.

In Tel Aviv lief es dann an der Seite von Sportdirektor Jordi Cruyff sehr gut für Bosz. Nicht nur, dass er dort den großen Johan Cruyff persönlich kennenlernen und mit ihm über Fußball philosophieren durfte. Auch mit seiner Mannschaft war er überaus erfolgreich. In zwanzig Spielen unter seiner Leitung holte Maccabi zwölf Siege, sieben Unentschieden und verlor gerade mal ein Spiel.

Im Sommer 2016 lockte ihn dann Rekordmeister Ajax Amsterdam zurück in die Niederlande. Nachdem das Team zu Beginn noch Schwierigkeiten hatte die Spielidee des Trainers umzusetzen, fanden sich die Spieler im Verlauf der Saison immer besser zurecht und erspielten sich zum Ende der Saison sehr ansehnlich den zweiten Tabellenplatz hinter Feyenoord Rotterdam. Auch Ajax verspielte wieder einige Punkte durch mangelnde Torausbeute und unnötige, späte Gegentore, was Bosz abermals Kritik einbrachte, da man durchaus den Titel hätte gewinnen können. In der Euro League spielte sich Ajax mit beeindruckendem Offensivfußball bis ins Finale, wo man letztendlich gegen Manchester United den Kürzeren zog. Wenn auch kein Titel heraussprang, waren die Leistungen von Amsterdam dennoch bemerkenswert vor dem Hintergrund, wie jung das Team im Durchschnitt war. Bosz hat es geschafft, viele der hochtalentierten Jungen innerhalb kürzester Zeit in ihrer Entwicklung so weit voranzubringen, dass Spieler wie der 19-jährige Stürmer Kasper Dolberg oder der gerade einmal 17-jährige Abwehrmann Matthijs de Ligt national wie international fast durchgehend ein extrem hohes Niveau halten konnten.

Genau da liegt auch die Hoffnung der Dortmunder. Zum einen ist die Spielidee von Peter Bosz die nächste Stufe des schon unter Klopp und Tuchel praktizierten hoch pressenden Hochgeschwindigkeitsfußballs, zum anderen ist die Mannschaft aktuell gespickt mit reihenweise jungen Talenten mit schier unendlichem Potenzial. Man stelle sich nur vor, wie gut Ousmane Dembélé, Julian Weigl oder Christian Pulisic, die vergangene Saison schon teils überragende Leistungen gezeigt haben, noch werden können, wenn sie unter Bosz einen Sprungnach vorne in ihrer Entwicklung nehmen. Hinzu kommen Spieler wie Emre Mor, Alexander Isak, Mikel Merino und Dan-Axel Zagadou, die bereits ihr Potenzial haben aufblitzen lassen, aber noch auf ihren großen Durchbruch warten. Findet der Niederländer die richtige Mischung mit Routiniers wie Marco Reus, Pierre-Emerick Aubameyang oder auch Rückkehrer Mario Götze, dann sind den Möglichkeiten beim BVB im Grunde keine Grenzen gesetzt. Wenn man Bosz wie damals Jürgen Klopp Zeit gibt, seine Mannschaft und seine Spielidee zu entwickeln, dann müssen sich die Bayern warm anziehen. Denn dann könnten die Dortmunder den Titelkampf wieder zu einem Kopf an Kopf-Rennen machen und dem Rekordmeister die Meisterschale abjagen (Quote: 8.00)

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