Markus Babbel über…

 … über die Torhütersituation beim FC Bayern: “Die Bayern haben definitiv einen neuen Keeper gebraucht. Sie haben zwar mit Sven Ulreich einen sehr guten Ersatz - aber was ist, wenn auch ihm noch was passiert? Dann hast du auf der Bank nur noch Nachwuchskeeper. Dieses Risiko hätte der FC Bayern einfach nicht eingehen dürfen. Ulreich hat in seinen bisherigen Spielen immer eine Top-Leistung gebracht. Aber trauen sie sich, mit ihm auch in der Champions League die großen Spiele anzugehen? Vielleicht hatten die Verantwortlichen auch noch im Hinterkopf, dass Ulreich damals ausgerechnet gegen Real Madrid schwer gepatzt hat [2018, Anm. d. Red.], obwohl er davor auch solide gespielt hat. Auf der anderen Seite stand auch die Frage: Wer gibt im Januar freiwillig seinen Stammkeeper ab? Da kam auch die Frage der Ablösesumme auf. Die Vereine wissen, dass Bayern in Not ist und wollen natürlich dann noch viel mehr rausholen. Und wie viel ist Bayern bereit, für ein halbes Jahr Vertragslaufzeit zu bezahlen?”
 

… die Zukunft von Manuel Neuer: “Er ist ein herausragend guter Torwart, der Torhüter des letzten Jahrzehnts, der das Spiel national sowie international unglaublich stark geprägt und vor allem revolutioniert hat. Sein Problem ist jetzt auch, dass er die Messlatte so dermaßen hoch gelegt hat und aktuell selbst nicht so wirklich dran kommt. Die Frage, die sich bei Neuer stellt, ist: Kommt er noch einmal so zurück im Sommer? Die Verletzung ist sehr schwer, er wird auch nicht jünger - die Regenerationszeit wird bei Verletzungen nicht kürzer. Bayern muss aber auch kurzfristig denken und darf die sportlichen Ziele nicht gefährden. Aber solange Neuer noch brennt, was elementar wichtig ist, wird er wieder angreifen.”
 
… Gladbachs Verhandlungsposition bzgl. Yann Sommer und das zunächst angeblich abgelehnte Angebot über 9 Millionen Euro: “Roland Virkus kannte Bayerns Situation natürlich und hat dementsprechend versucht, das Maximum herauszuholen, um im Umkehrschluss Jonas Omlin von Montpellier zu bekommen. Sommers Vertrag wäre in einem halben Jahr ausgelaufen. Das Gleiche gilt für Ramy Bensebaini und Marcus Thuram - und beide hat man bislang nicht verkauft. Damit wäre man Gefahr gelaufen, dass gleich drei absolute Leistungsträger im Sommer ablösefrei gehen. Virkus wäre da ein extremes Risiko eingegangen. Gladbach hat ja auch Ziele und will wieder ins internationale Geschäft, dafür wollen sie unbedingt Omlin haben.”
 
… Sommer und einen möglichen Konkurrenzkampf mit Neuer nächste Saison: “Neuer hat den Bayern natürlich mit seiner Verletzung unnötigerweise ein dickes Ei ins Nest gelegt. Das war schon sehr fahrlässig. Ich bin Bayer und kann sagen, dass kein Bayer bei 10 Zentimeter Schnee eine Skitour macht - das ist ja wirklich lebensgefährlich… Ich weiß nicht, was er sich dabei gedacht hat. Die Verantwortlichen werden sicher auch nicht erfreut gewesen sein. Sie mussten jetzt eben schmerzhaft, auch finanziell gesehen, schauen, wie man das Problem gelöst bekommt. Ich kann mir vorstellen, dass sie jetzt eben wollen, dass auch Neuer sich nochmal neu beweist und in den Konkurrenzkampf mit Sommer geht. Jeder Feldspieler ist im Konkurrenzkampf - wieso sollte der Torwart das nicht auch sein? Vielleicht tut es Neuer auch gut, wenn er aus seiner Wohlfühloase gezogen wird und in den Zweikampf gehen muss. Das kann zusätzlich pushen. Sommer ist Schweizer Nationalkeeper, seine Nation hat Deutschland bei weitem überholt - er muss sich auf keinen Fall verstecken, auch wenn er weiß, wer da vor ihm steht. Das ist eine sehr spannende Konstellation.”

sommer


 
… Jonas Omlin als Sommer-Ersatz: “Ich kenne Jonas noch aus meiner Zeit bei Luzern, da habe ich ihm zum Stammkeeper gemacht. Ein wirklich toller, hochtalentierter Torwart. Gladbach ist genau der richtige Verein für ihn, das passt wie die Faust aufs Auge. Es hat ihm sehr gut getan, die Schweiz zu verlassen und nach Frankreich zu gehen - das ist ja schließlich keine Pappnasen-Liga. Dort konnte er sich beweisen. Ich weiß nur nicht, ob Montpellier der richtige Verein für ihn war. Die sind mitten im Abstiegskampf. Ich habe zuletzt das 1:6 gegen Nizza gesehen, da trug er zwar bei keinem Gegentor die Schuld, aber man hat gemerkt, dass es eine schwierige Truppe ist, die sich auch schnell aufgibt.”
 
… Gregor Kobel als langfristige Bayern-Lösung: “Ich kann mir das sehr gut vorstellen. Kobel ist aktuell der einzige Keeper in der Bundesliga, der auf mich so wirkt, als könnte er bei Bayern nochmal einen Schritt nach vorne machen. Aber bis Neuer aufhört, wird sicherlich noch ein Name dazukommen, den noch keiner auf dem Schirm hat.”
 
… Choupo-Moting als Stürmer Nummer 1: “Wenn Choupo-Moting so weitermacht wie in der Vorrunde, dann ist er der Stürmer - das hat schon echt fantastisch ausgesehen. Er ist nicht nur auf das Toreschießen fokussiert, sondern auch fußballerisch sehr gut und spielt mit. Er ist ein Anker da vorne, der seinen Mitspielern drumherum sehr guttut. Ich bin ein Fan davon, wenn ein Turm vorne drin ist - und wenn er dann so gut kicken kann wie Choupo-Moting, finde ich das richtig cool. Seitdem er regelmäßig spielt, machen sie ihre Hochkaräter auch rein im Vergleich zum Beginn der Saison - es ist wieder der FC Bayern, und ob da Lewandowski vorne drin ist und die Bälle rein macht oder eben Choupo, macht jetzt keinen Unterschied mehr. Und man hat das Gefühl, dass die Spieler drumherum auch noch besser geworden sind. Da sehe ich Niclas Füllkrug noch nicht. Er ist zwar ein toller Stürmer, aber nicht die Dauerlösung für Bayern. Er hat seine Stärken in der Dynamik und Power - bei Bayern liegt der Fokus hingegen eher auf einem dominanten Spielstil, mit wenig und engen Räumen. Da sehe ich Füllkrug weniger. Choupo-Moting ist da aufgrund seiner hervorragenden Technik auf engstem Raum geeigneter. Wenn man mit ihm verlängert, hat man erstmal Ruhe.”
 
… Bayerns Chancen gegen PSG nach zuletzt 4 Gegentoren gegen Salzburg: “Bei Vorbereitungsspielen tue ich mir schwer, das genau einzuordnen. Man weiß nicht, was genau trainiert wurde, wie schwer die Beine sind. Das darf man nicht überbewerten. Natürlich fällt auf, dass sie im Defensivverhalten Schwierigkeiten haben. Das heißt aber nicht, dass die Abwehr oder der Keeper zu schlecht ist, sondern dass die Mannschaft nicht bereit ist, diese wichtigen Wege zu machen. Es ist natürlich schöner, nach vorne zu spielen und den Ball zu haben, als dem Ball hinterherzurennen. Gegen PSG habe ich allerdings weniger Bedenken, weil die Jungs wissen, was auf sie zukommt und was gefordert ist.”
 
… Rudi Völler als neuen DFB-Sportdirektor: “Völler ist ein unglaublicher Sympathieträger mit einem hohen Maß an Sachverstand und der sich nicht davor scheut, auf Konfrontation zu gehen. Ich sehe ihn allerdings als kurzfristige Lösung und nicht als jemanden, der den DFB mit innovativen Ideen in den nächsten zehn Jahren in eine neue Richtung lenkt. Auf längere Sicht würde ich Fredi Bobic weiterhin nicht ausschließen. Es hieß, dass es aufgrund des laufenden Vertrages bei der Hertha und einer dafür notwendigen Ablösesumme nicht geklappt hat. Aber das ist schon Wahnsinn - wenn ich total von ihm überzeugt bin als Verband, dann kann der DFB ja wohl eine Ablösesumme in die Hand nehmen.”

völler


 
… die neu formierte Task Force: “Zunächst hat es mich gefreut, dass der DFB eine Task Force gegründet hat. Das zeigt, dass sie das nicht gelöst bekommen und sich nicht so gut auskennen, und sich dafür eben Spezialisten um sich herum holen - das war ein kluger Schachzug. Nur die Besetzung finde ich nicht gut. Es soll ja zukunftsgewinnend sein - und da fehlen mir einfach Namen. Ob es ein Jugendtrainer ist, wie beispielsweise Norbert Elgert, der absolute Jugendcoach, oder Silvia Neid, die im Frauenfußball alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt. Was sollen denn ein Oliver Kahn oder Oliver Mintzlaff da machen? Die sind so sehr in ihren eigenen Funktionen eingespannt und haben genug andere Dinge zu bearbeiten - was sollen sie denn jetzt über die Jugend erzählen? Das sind nicht die Richtigen, um das Flaggschiff wieder zum Laufen zu bringen.”
 
… die Außendarstellung des DFB: “Mich hat dieser Kuschelkurs der vergangenen Jahre genervt - es war immer Friede, Freude, Eierkuchen. Man hatte das Gefühl, dass es keinerlei Reibungen oder Diskussionen gibt, egal wie die Resultate waren. Der Verband hat aus Dankbarkeit zu lange an den Leuten festgehalten. So wirst du nichts gewinnen. Du musst auch mal wieder Rauch reinlassen und kritisch hinterfragen, wenn etwas offensichtlich schief läuft. Man muss nach außen wieder etwas demütiger und normaler rüberkommen. Ich hatte zuletzt das Gefühl, die leben im eigenen Kosmos und sind völlig unnahbar. Damit kann sich doch kein Otto Normalverbraucher identifizieren. Deswegen gibt es aktuell mehr Sympathien gegenüber den Frauen als gegenüber den Männern. Wenn sie wenigstens erfolgreich gewesen wären, hätte man darüber hinwegsehen können. Ein gutes Beispiel ist Füllkrug, der kam so sympathisch rüber, dass sich die Fans direkt mit ihm identifizieren konnten. Wir brauchen wieder Strukturen, Ideen, müssen kreativer werden. Uns haben einfach zu viele Nationen überholt, das sieht man schmerzhaft an den Turnieren. Es geht nicht darum, jemanden zu beleidigen, sondern um die Sache. Und wenn man gestritten hat, gibt man sich die Hand und sagt: ‘Das ist unser Weg und da gehen wir jetzt gemeinsam wieder raus.’”


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